Jüdisch-Christliche Narrative als Reframing existentieller Krisen

von Helge Martens


Liebe Zuhörende,
mein Thema ist: „Jüdisch-Christliche Narrative als Reframing existentieller Krisen.“ Ich beginne mit einigen, knappen, Vorbemerkungen.
Ich verstehe unter Theologie die Reflexion der eigenen Religion. Unter Religion verstehe ich ein Sinn-generierendes System, das in Geschichten, Symbolen, Weisungen und Riten dieses Leben deutet, strukturiert und feiert. Religion ist Sinnkonstruktion im Kontext von Resonanzerfahrun-gen. Christliche Religion versteht sich als Glaube, ihr grundlegendes Dokument ist das Glaubens-bekenntnis und das beginnt mit den Worten: „Ich glaube an Gott, den Vater..“ Man kann also in Anlehnung an einen hier todsicher bekannten Satz formulieren: „Alles, was geglaubt wird, wird von einem Glaubenden geglaubt.“ Es geht dem Glauben nicht um Anerkenntnis von etwaigen „Sachverhalten“, sondern um Lebensvollzug.
Die Erzählungen der Bibel sind keine historischen Berichte – auch wenn sie u. U. auf historische Begebenheiten Bezug nehmen -, sie sind vielmehr Konstruktionen, die Erfahrenes deuten wollen, vor allem Sinn in Kontingenzerfahrung suchen. Die großen Herausforderungen hierbei sind nicht die schönen Erlebnisse - auch sie ja kontingent, auch erlebtes Glück ist nicht zwingend -, sondern besonders die Krisenerfahrungen, genauer noch: die Erlebnisse von Katastrophen, denen man sich ohnmächtig ausgeliefert sieht.

(Erstveröffentlichung Februar 2014)

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